Telefon und Internet am Arbeitsplatz – Vom betrieblichen Erfordernis bis zum abmahnreifen Zeitvertreib (Teil 2)

Private Nutzung von Telefon und Internet am Arbeitsplatz: Was ist aus arbeitsrechtlicher Sicht von Betrieben zu beachten?
In einem unserer letzten Blogbeiträge hatten wir bereits über die Verpflichtung nach § 611 BGB von Arbeitnehmern gesprochen, private Telefonie und Internetnutzung am Arbeitsplatz grundsätzlich zu unterlassen. Gleichzeitig hatten wir an einer Reihe von Beispielen gesehen, dass dies aber teilweise durchaus ambivalent zu bewerten ist, insbesondere weil die Grenzen von Arbeits- und Privatleben in vielen Berufen immer mehr verschwimmen.
Nutzung von privatem Smartphone und Tablet im Betrieb
Besondere Probleme treten auf, wenn die Mitarbeiter dazu nicht nur das eigene Smartphone, Tablet oder Notebook nutzen, sondern auf Telekommunikationseinrichtungen des Arbeitgebers zurückgreifen. Dies untersagen zu können, ergibt sich aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Gewerbeordnung.
Dieses Direktionsrecht sollte das Unternehmen auch bewusst nutzen – und sich über die Konsequenzen im Klaren sein, falls es dies nicht tut. Denn duldet der Arbeitgeber die private Nutzung von firmeneigenen Festnetztelefonen, Smartphones, Faxgeräten oder Computern, kann mit der Zeit tatsächlich ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers darauf entstehen!
Wann spricht man von betrieblicher Übung?
Die Juristen sprechen dann von einem konkludenten (schlüssigen) Handeln des Arbeitgebers: indem er längere Zeit ohne ausdrückliche Untersagung und Kontrolle die Nutzung der Firmenmailadresse für private Korrespondenz oder das Versenden von Faxen duldet, entsteht das, was in der juristischen Fachsprache dann als „betriebliche Übung“ bezeichnet wird.
Man könnte dies auch als die „normative Kraft des Faktischen“ bezeichnen: Wenn ein Vorgang im Unternehmen lange Zeit praktiziert, ein Verhalten toleriert oder eine Nutzung betrieblicher Ressourcen akzeptiert wird, dann ist es irgendwann eine Art „ungeschriebenes Gesetz“.
Arbeitgeber steht in der Pflicht, die eigenen Regeln zu prüfen
Hierbei sind folgende Aspekte wichtig: Die Einhaltung eines Verbots zur privaten Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen muss tatsächlich kontrolliert werden. Den Mitarbeiter einfach bei der Einstellung nur einen Zettel unterschreiben zu lassen, womit er ein solches Verbot zur Kenntnis nimmt und sich verpflichtet, sich daran zu halten, reicht möglicherweise auf Dauer nicht aus.
Unternimmt der Arbeitgeber keine Maßnahmen zur Kontrolle, kann der Arbeitnehmer möglicherweise davon ausgehen, dass es dem Unternehmen mit dem Verbot doch nicht so ernst ist. Gegebenenfalls kann so trotz eines Verbots eine betriebliche Übung entstanden sein, was im womöglich Einzelfall auf eine richterliche Überprüfung des Sachverhalts hinausläuft.
Einvernehmliche Lösung mit den Mitarbeitern
Was tun, wenn eine solche betriebliche Übung entstanden sein könnte? Aus Arbeitgebersicht sprechen gute Gründe dafür, eine einvernehmliche Lösung mit den Mitarbeitern zu suchen. Tatsächlich kann diese nicht einseitig vom Arbeitgeber beendet werden nach dem Motto: „Ach, übrigens, ab nächster Woche ist privates Surfen im Internet über den Firmen-PC in den Pausen untersagt!“. So kann es in der Tat nötig sein, eine einvernehmliche Vertragsänderung herbeizuführen, in der Mail-, Telefon-, und Internetnutzung explizit geregelt sind.
Wird dies vom Arbeitnehmer abgelehnt, muss möglicherweise sogar über eine Änderungskündigung nachgedacht werden! Die an sich gute Idee, in Unternehmen mit Betriebsrat über eine Betriebsvereinbarung eine entstandene betriebliche Übung beseitigen zu wollen kann mit Verweis auf das Günstigkeitsprinzip (von zwei oder mehr einschlägigen Rechtsnormen ist im Zweifelsfall die für den Arbeitnehmer günstigere relevant) im Einzelfall dann doch nicht zur Anwendung kommen.
Über den Autor
Prof. Dr. Michael Knörzer betreut das Center of Expertise bei der APRIORI business solutions AG. Er ist Professor für Personalmanagement an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management an den Standorten Frankfurt am Main und Berlin.
Neben mehrjähriger Berufserfahrung in verschiedenen Funktionen des Personalmanagements studierte er BWL mit den Schwerpunkten Personalwirtschaft, Arbeitsrecht und Wirtschaftspolitik an der Goethe-Universität in Frankfurt.
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