Zum Weltglückstag: Macht Arbeit (noch) glücklich?

Autor: Sofia Dobbertin

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Allgemein, Neue Arbeitswelten

3 Min. Lesezeit

Jährlich am 20. März feiern wir den Weltglückstag … Sie etwa nicht?

Ob man Grund zum Feiern hat, mag von vielen Faktoren abhängen. Einer könnte Ihre Arbeit sein, muss es aber nicht. 

Die Beziehung zwischen Glück und Arbeit ist einerseits komplex, andererseits vielleicht gerade deswegen faszinierend; und spielt gerade in Deutschland eine historisch nicht zu unterschätzende Rolle! 

Eine wichtige Grundlage für das Verständnis dieser Beziehung ist v.a. die protestantische Arbeitsethik, die im 16. Jahrhundert von Theologen wie Martin Luther und später dem Soziologen Max Weber geprägt wurde. Diese betont die Tugenden der harten Arbeit, Disziplin und persönlichen Verantwortung als Weg zum Erfolg und einem gottgefälligen Leben. Diese Grundhaltung prägte maßgeblich die Arbeitskultur in vielen westlichen Gesellschaften und beeinflusst bis heute die Einstellungen gegenüber Arbeit und Erfolg und wurde von den Auswanderern in die Vereinigten Staaten getragen. „Die Idee, dass fleißige Arbeit und persönliche Leistung mit Belohnungen und einem Gefühl der Erfüllung einhergehen, war tief in unserer kulturellen DNA verankert“, meint Prof. Dr. Michael Knörzer vom APRIORI HR:LAB, „Auch wenn der Zeitgeist dies gerade eher in Frage zu stellen scheint. Jedenfalls lassen die Diskussionen rund um Work-Life-Balance und New Work etwas den Eindruck aufkommen, dass Arbeit, wenn sie nicht Spaß macht, zunehmend als Zumutung und Belastung empfunden wird. Dabei ist Arbeit – auch schwierige und anstrengende Arbeit – unverzichtbar für unser Wohlbefinden! Das wissen wir wissenschaftlich gesichert spätestens seit den berühmten Marienthal-Studien“. 

 

Freizeit – Weniger Arbeiten: Macht uns das wirklich glücklicher?

Die Marienthal-Studie untersuchte in den 1930er Jahren die Auswirkungen von lang anhaltender Arbeitslosigkeit auf die Bewohner der österreichischen Stadt Marienthal, in der aufgrund des Zusammenbruchs der dortigen Textilfabrik während der Weltwirtschaftskrise schlagartig drei Viertel der Familien vor Ort dadurch ohne Einkommen waren.  Die Studie ergab, dass Arbeitslosigkeit nicht nur finanzielle Herausforderungen mit sich bringt, sondern auch schwerwiegende soziale und psychologische Folgen hat. Die Arbeitslosen in Marienthal erlebten soziale Isolation, Verlust des Selbstwertgefühls und ein allgemeines Abnehmen des Wohlbefindens. Die Studie wurde als ein Leuchtturm der frühen Sozialforschung weltberühmt und verdeutlichte die Bedeutung von Arbeit nicht nur als Mittel zur Existenzsicherung, sondern auch als Quelle sozialer Integration, persönlicher Identität und psychischer Gesundheit. „Lotte Schenk-Danzinger aus dem Forscherteam sagte einmal in einem Interview sinngemäß, dass Zeit, die keine Struktur hat und in der nichts geschehen muss, auch eine große psychische Belastung sein kann und dass Freizeit nur dann wirklich Freizeit ist, wenn es auch Arbeitszeit gibt“, ergänzt Prof. Knörzer: „Diese Aussage bezog sich zwar auf Arbeitslosigkeit. Dennoch denke ich, dass ein Mehr an Freizeit nicht automatisch dazu führt, dass wir glücklicher sind“. 

Wie macht dann Arbeit glücklich?

„Es gibt tausende Studien rund um das Thema Arbeitszufriedenheit, Arbeitsmotivation, Engagement und andere verwandte psychologische Konstrukte. Da ist es schwer, alles aufzuzählen, zumal viele Aspekte von Menschen unterschiedlich bewertet werden, aber einige Aspekte können wir doch als wissenschaftlich gesichert betrachten“, ordnet Prof. Knörzer die Forschungslage ein, „Insofern möchte ich es vielleicht so sagen: Wenn ein Unternehmen sichergehen möchte, dass seine Mitarbeiter unglücklich sind, dann sollte es Arbeitsplätze so gestalten, dass Mitarbeiter …

  • befürchten müssen, dass ihre mentale und körperliche Gesundheit bei der Arbeit leidet,
  • finanzielle Sorgen haben müssen, um ihre Grundlegenden Bedürfnisse und Verpflichtungen abzudecken
  • sich bei Problemen allein gelassen fühlen 
  • Führungskräfte als Gegner und nicht als Unterstützer empfinden
  • kaum Sozialbeziehungen zu ihren Kollegen aufbauen können
  • sich ungerecht behandelt fühlen müssen
  • sich nicht weiterentwickeln können 
  • Aufgaben bekommen, die sie fachlich und emotional überfordern
  • keinerlei Mitsprachemöglichkeiten haben und sich stets uninformiert fühlen. 

Wenn sie glückliche Mitarbeiter haben wollen, dann sollten Unternehmen es vielleicht anders machen”. 

 

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