Bürogestaltung: Das sind die Bürokonzepte der Zukunft

Autor: Michael Knörzer

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Allgemein, Neue Arbeitswelten

6 Min. Lesezeit
Bürogestaltung
  • Das Büro der Zukunft wird eher Eventcharakter haben. Die Zeit, in der sich Schreibtisch an Schreibtisch reihte, neigt sich ihrem Ende zu.
  • Im Fokus neuer Bürokonzepte steht vor allem mehr Flexibilität und das Schaffen von Co-Working Areas.
  • Auslöser ist die Coronapandemie, die massive Auswirkungen auf die Bürogestaltung hat.

Bürogestaltung im New Work Zeitalter

Das Büro der Zukunft wird nicht mehr der Ort sein, an dem alle still unter fahlem Neonlicht nebeneinanderher arbeiten. Stattdessen wird das Office zu einer Art Think Tank mutieren. An allen Ecken und Enden wird an neuen Ideen gefeilt, debattiert, diskutiert, herumexperimentiert oder gescribbelt. Konzentrierte Stillarbeit wird dagegen eher im Homeoffice erledigt. Das ist eines von verschiedenen Zukunftsszenarien, die die neue APRIORI-STUDIE „Remote Works Strategy“ für die nahe Zukunft skizziert.

Studienautor Professor Michael Knörzer begründet das wie folgt: „Wenn wir eines in den vergangenen Monaten gelernt haben, dann, dass das Büro als Keimzelle für Innovationen nicht ersetzbar ist. Der besondere Spirit, der entsteht, wenn Mitarbeiter direkt vor Ort brainstormen, lässt sich nicht virtuell abbilden“, meint der Leiter des HR:Labs bei APRIORI. „Unsere These: Vor allem Mitarbeiter mit besonders hoher Leistungs-, Erfolgs- und Karriereorientierung werden in Zukunft anstreben, regelmäßig im Büro zu arbeiten. Sie werden vor Ort an Strategieemeetings oder Design Thinking Sessions teilnehmen. Das gibt ihnen die Chance, das Unternehmen mit inspirierenden Ideen nach vorn zu bringen und auch etwas für die eigene Karriere zu tun.“

Raumgestaltung: Alles wird anders 

Langfristig könnte die neue Art zu arbeiten sogar zu einer Spaltung der Belegschaft und zu neuen Karrieremodellen führen, heißt es in der Studie: Auf der einen Seite die Mitarbeiter mit strategischer und kreativer Verantwortung, die regelmäßig die Nähe zueinander vor Ort suchen. Und auf der anderen Seite Mitarbeiter, die eher für Routinetätigkeiten verantwortlich sind und in der Tendenz im Homeoffice arbeiten. „Gut möglich, dass sich Betriebe sogar entschließen, den Remote-Teil der Belegschaft, der weniger zur Erhaltung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens beiträgt, sukzessive in die wirtschaftlich günstigere Randbelegschaft auszugliedern. Randbelegschaften bestehen aus flexibel einsetzbaren Feelancern, Zeitarbeitnehmern und externen Dienstleistern“, prognositizert Professor Michael Knörzer. „Das hätte den Vorteil einer deutlich höheren Agilität. Bei Auftragsspitzen kann die Randbelegschaft schnell aufgestockt werden. Bei Auftragsflauten kann sie ohne Verpflichtungen abgebaut oder „on hold“ gesetzt werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik.“

Keine Zukunftsmusik ist dagegen, dass sich die Bürogestaltung infolge der neuen Arbeitsweisen radikal wandeln wird. Micheal Knörzer: „Unserer Prognose nach werden Unternehmen, die etwas auf sich halten, intensiv in hochwertigen Büroraum investieren. Damit wird die Wertigkeit des Büros für den Unternehmenserfolg und als Ausdruck der Unternehmenskultur im New Work Zeitalter eher steigen als fallen. Der zwei- bis dreimalige Bürobesuch in der Woche wird dann Eventcharakter haben und erinnert nicht mehr an die grauen Bürotempel der Vergangenheit. Socializing und Co-Creation stehen dann im Vordergrund.“

Moderne Bürogestaltung: Beispiele, die zum Staunen anregen 

Knörzer hat Recht. Immer mehr Unternehmen machen bereits Schlagzeilen, weil sie ihrer alten Bürogestaltung einer Absage erteilen. Wir stellen Ihnen einmal verschiedene Konzepte vor.

#1 ADIEU GROSSRAUMBÜRO BEI GOOGLE

Allem voran testet Internetgigant Google eine neue Bürogestaltung aus und eruiert, für welchen Teil der Belegschaft diese relevant werden könnte. Im Silicon Valley hat man die Idee von offenen Großraumbüros aufgegeben. Stattdessen setzt Google künftig auf sogenannte Team Pods. Das sind abgetrennte Abteile, die sich durch frei aufstellbare Wände und mobile Büromöbel innerhalb kurzer Zeit flexibel gestalten und anpassen lassen sollen – je nachdem, welche Art des Arbeitens gerade gefragt ist: Allgemeines Teammeeting im großen Plenum, kleine Arbeitsgruppen, die an neuen Ideen basteln oder Stillarbeitsphasen im klassischen Stil.

„Klassische Meeting-Säle ersetzt Google durch sogenannte Campfire-Räume. Hier sitzen sich Mitarbeiter im Kreis gegenüber. Zwischen den Sitzplätzen sind große Bildschirme angebracht, auf denen sich Kollegen aus dem Homeoffice zuschalten und in die Runde integrieren lassen. So ist für Abstand zwischen den tatsächlich Anwesenden gesorgt und Heimarbeiter können besser ins Geschehen vor Ort eingebunden werden“, heißt es dazu in einem Artikel auf Golem.de.

Wer nur gelegentlich ins Google-Büro komme und dort gar keinen festen Arbeitsplatz mehr benötige, heißt es in dem Artikel weiter, könne sich mit seinem Mitarbeiterausweis an automatisierten Arbeitsplätzen anmelden. Dabei handele es sich um aus dem Boden ausfahrbare Schreibtische, die sich eigenständig auf die jeweiligen Mitarbeiter einstellen. Die individuelle Anpassung reicht von der Höhe des Tischs bis zu Fotos der eigenen Familie in digitalen Bilderrahmen.

#2 SAMSUNG SETZT IN NEUER FIRMENZENTRALE AUF FLEXIBILITÄT

Mitte 2024 wird es auch bei der Samsung Electronics GmbH soweit sein. Dann verlegt der Elektronikkonzern sein deutsches Headquarter von Schwalbach in das wenige Kilometer entfernte Eschborn. Auch hier wird dann bei der neuen Bürogestaltung Flexibilität großgeschrieben. Die Büroflächen werden ähnlich wie bei Google je nach Bedarf nutzbar sein und bis ins Detail auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten, die offensichtlich ein Mitspracherecht bei dem neuen Bürokonzept haben.

In einem offiziellen Pressestatement heißt es dazu: „Die Räumlichkeiten bieten Möglichkeiten für neue Konzepte, die auch den veränderten Anforderungen an hybride Arbeitsmodelle und Kollaborationsformen Rechnung tragen.“

#3 DI SUPPORT GMBH IST IHRER ZEIT VORAUS

In diese Richtung hat die di support GmbH schon vor Jahren gedacht. Sie bietet einen Workspace mit offener Küche für den informellen Austausch und für Pausen an. Ein paar Meter weiter rustikale Sitzbänke am soliden Holztisch für Brainstorming-Sessions in der großen Gruppe.

Wieder ein paar Meter weiter stehen urgemütliche Lounge-Sessel, in denen sich Mitarbeiter gerne mit Geschäftspartnern austauschen. Die Möbel erinnern in ihrem Design fast schon an Raumfahrt und Sci-fi-Filme. Doch gerade dieser Kontrast zwischen futuristisch funktionalem Ambiente und gemütlich-rustikalen Design macht den besonderen Charme der Bürogestaltung in dem modernen Office aus. Der Effekt: Mitarbeiter kommen gerne ins Büro, tauschen sich hochmotiviert aus, und wenn sie zwischendurch Stillarbeitsphasen nachgehen wollen, finden sich in dem modern eingerichteten Büro auch klassische Arbeitsplätze.

#4 BEI BRAND TRUST FRAGEN SICH DIE MITARBEITER ARBEITEST DU NOCH ODER LEBST DU NEW WORK SCHON?

Denkbar ist auch ein Office, das eher an einen Wohnbereich statt als an einen Arbeitsbereich erinnert. Das Unternehmen Brand Trust verfolgt mit seiner Bürogestaltung zum Beispiel einen Ansatz mit dem Motto: „Arbeiten in Wohnzimmer-Atmosphäre“ und entwickelte ein Bürokonzept, das sich von klaren Territorien verabschiedet. Stattdessen setzt es auf eine Mischung an Raumformen, die verschieden genutzt werden können. Die Mitarbeiter arbeiten, wo sie wollen: im Büro, an der Bar, in der Lobby.

Fazit: Die Bürogestaltung gibt es keine einheitlichen Richtlinien 

Das sind nur einige von vielen möglichen Design-Beispielen für eine moderne Bürogestaltung und -einrichtung. Sie zeigen eindrücklich: Das Büro der Zukunft wird bunt und lebhaft – dank einer hochindividuellen Bürogestaltung mit Bildern, Raumteilern, aufblasbaren Wänden und allem möglichen Interieur, das die Kreativität und den Teamspirit von Arbeitnehmern beflügelt. „Manche Büros werden eher einen Lounge- und andere eher einen Spielplatzcharakter haben“, sagt Professor Michael Knörzer. „Im Vergleich zu den grauen Großraumbüros von früher sind das doch schöne Aussichten.“

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