Virtuelle Führung von Arbeitnehmenden im Metaversum

Autor: Michael Knörzer

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Neue Arbeitswelten, Personal & Führung

5 Min. Lesezeit
Virtuelle Führung von Arbeitnehmenden im Metaversum

Seitdem der Facebook-Konzern offiziell unter Meta firmiert, ist das Metaversum, auf das sich der neue Firmenname bezieht, in aller Munde. Gemeint ist eine virtuelle Welt, in die wir uns alle als Avatare einloggen. Hier sollen wir auch eines Tages unserer Arbeit nachgehen. Welche Auswirkungen hat das auf die Personalführung? Dieser Frage gehen wir in diesem Blogbeitrag nach.

Woher kommt die Idee des Metaversums?

Um das einmal klar vorwegzuschicken: Noch ist das Metaversum nichts anderes als ein Mockup einer virtuellen Welt, in der wir uns vielleicht früher oder später einmal bewegen. Die Idee ist gar nicht mal so neu. Im Gegenteil. Das erste Metaversum ist fast 60 Jahre alt und fand nicht im Cyberspace statt, sondern auf Papier. Viele Elemente des Metaversums nahm der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem 1964 in seinem Buch „Summa Technologiae“ vorweg: Menschen verbringen ihre Zeit nicht mehr in der realen Welt, sondern als selbst gestaltete Avatare an einem virtuellen Ort, dem Metaverse.

Tatsächlich gab es bereits einige Versuche, das Metaverse aus der Fiktion in die Realität zu übertragen, die aber alle scheiterten. Die technischen Möglichkeiten waren noch nicht ausgereift. Heute, im Zeitalter immer schlankerer und leistungsfähiger VR-Brillen rückt das Metaverse in greifbare Nähe. Konkret bastelt derzeit der Facebook-Konzern daran. Die Idee: Brille auf und schon befindet man sich mittendrin in der virtuellen Paralellwelt. Hier sollen User nicht nur ihren Hobbys, sondern auch ihrer Arbeit nachgehen. Das eröffnet für Teams und ihren Führungskräfte auch durchaus Chancen. Es ergibt sich in der Personalführung aber auch ein Berg an Herausforderungen. Denn klassische Leadership-Methoden werden sich nicht einfach aus der analogen in die virtuelle Arbeitswelt übertragen lassen. Was das konkret bedeutet? Wir haben uns dazu einmal ein paar Gedanken gemacht.

#1 INFORMELLER AUSTAUSCH IM METAVERSUM

In einem bestimmten Bereich dürfte das Metaversum ein ernstes Problem, das in der aktuellen Arbeitswelt besteht, lösen. Viele von uns gehen ihren Tätigkeiten inzwischen in großen Teilen remote nach und der Besuch im Office findet immer seltener statt. Infolgedessen bleibt der informelle Austausch oft auf der Strecke. Das ist schlecht. Denn hierbei entstehen nachweislich die besten Ideen. Im Metaversum ist das anders: Hier simulieren Mitarbeitende einen klassischen Arbeitsalltag im Büro. Sie, beziehungsweise ihre Avatare, laufen durch extrem real wirkende Offices und treffen sich in Meetingräumen für konztentrierte Brainstormings. Sie begegnen sich auch auf dem Flur oder verabreden sich für den spontanen Ideenaustausch auf ein Heißgetränk in der virtuellen Kaffeeküche. Damit wäre der informelle Informationsfluss wieder hergestellt. Führungskräfte könnten diesen fördern, indem sie mit gutem Vorbild vorangehen und sich selbst immer mal wieder im Flur zeigen oder eben in der Kaffeeküche.

#2 KONTROLLE UND DER PRODUKTIVITÄTSÜBERWACHUNG VON MITARBEITENDEN

„Insgesamt werden damit die bestehenden Probleme der Arbeit in virtuellen Teams und der virtuellen Führung gegenüber Remote Work, wie wir sie heute kennen, deutlich reduziert, wenn vielleicht auch nicht auf dem Niveau der Realwelt“, konstatiert Professor Michael Knörzer, Leiter des HR:Lab bei APRIORI, der die Auswirkungen des Metaversums auf die Arbeitswelt in unserer aktuellen Studie ausführlich untersucht hat. „Auch die Möglichkeiten der Kontrolle und damit der Produktivitätsüberwachung von Mitarbeitenden steigen deutlich, weil man sich wieder im gleichen Raum aufhält und sieht, woran das Team arbeitet und wie effektiv es dabei ist.“

#3 ES ENTSTEHEN BEZIEHUNGEN IM METAVERSUM, ABER ANDERE ALS IN DER REALEN WELT

Was zunächst recht vielversprechend klingt, hat aber einen gewaltigen Haken. Sollte es darauf hinauslaufen, dass wir in großen Teilen im Metaversum arbeiten, begeben wir uns mit unseren Kollegen auf eine völlig andere Beziehungsebene als im wahren Leben. Die ersten Entwürfe des Facebook-Konzerns des Metaversums zeigen comicartige Avatare, die dem Arbeitnehmenden, den sie repräsentieren, ähnlich sehen können, aber nicht müssen. Meistens wird es sich um optimierte Versionen der echten Personen handeln oder um völlig frei erfundene Avatare. Manche laufen sogar als Dinos oder Roboter herum.

Das heißt im Umkehrschluss: Das Bild, das von einer Person entsteht, ist in der Regel ein völlig anderes als in Wirklichkeit. Bewegen sich Unternehmen ausschließlich im Metaversum, dürfte das kein Problem sein. Begegnen sich Mitarbeitende dagegen immer mal wieder in der realen Welt, müssen sie lernen, mit diesem „Medienbruch“ umzugehen. Es könnte schwierig werden, zu begreifen, dass der schnoddrige Mittfünfziger mit den Augenringen aus der realen Welt der knuddelige Teddy ist, mit dem man im Metaversum so gerne und gut zusammenarbeitet. Hier kommt es auf Fingerspitzengefühl in der Personalführung an – Mitarbeitende müssen darauf vorbereitet werden, dass sie künftig mit zwei Versionen von ein- und derselben Person zusammenarbeiten und sich der Eindruck von einem Kollegen im Metaversum fundamental von dem in er echten Welt unterscheiden kann. Das sollte sich keinesfalls auf die Qualität der Zusammenarbeit auswirken.

#4 TEAMBUILDING IM METAVERSUM

Weiterhin besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende, die ausschließlich im Metaversum arbeiten, tendenziell geringer an ihr Unternehmen gebunden sind, weil sie es nicht als real wahrnehmen, sondern eher als ein groß angelegtes Computerspiel. „Das muss innerhalb der Personalführung durch ein gezieltes Bindungsmanagement ausgeglichen werden“, sagt Professor Michael Knörzer. Tatsächlich eröffnet das Metaversum in Sachen Teambuilding eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten: Rafting auf den Niagarafällen, archäologische Ausgrabungen im alten Ägypten, ein gemeinsamer Flug auf den Mond? Alles kein Problem. Im Metaversum beamen sich alle Teilnehmenden im Nullkommanichts an den Ort ihrer Wahl und werden außergewöhnliche Erlebnisse miteinander teilen, die sie einander näher bringen und von denen sie noch lange zehren. Ob diese Teambuilding-Maßnahmen allerdings den gleichen Bindungseffekt haben, wie jene, die in der realen Welt stattfinden, bleibt abzuwarten.

#5 NEUE KARRIEREMODELLE SIND ERFORDERLICH

„Eine der wohl fundamentalsten Herausforderungen innerhalb der strategischen Unternehmensführung wird außerdem die Transformation bestehender Vergütungs- und Karrieremodelle von der realen Welt ins Metaversum darstellen. Dazu muss zunächst im Einklang mit der Unternehmensstrategie definiert werden, ob alle Aufgaben ins Metaversum ausgelagert werden können und sollen, oder ob eine Mischung aus analoger und virtueller Zusammenarbeit wünschenswert ist“, sagt Professor Michael Knörzer. „Hieraus entstehen virtuelle, analoge oder gemischte Rollen für unterschiedlich gut qualifizierte Mitarbeitende, die jeweils nach neuen Karrierepfaden und Vergütungsmodellen verlangen.“

Fazit

Diese Vorüberlegungen bringen uns zu folgendem Fazit: Personalführung im Metaversum muss vollkommen anders gedacht werden, als analoge Personalführung. Der Vorteil ist, dass es Teams in einem virtuellen Raum zusammenbringt und Nähe schafft. Egal, wo sich die einzelnen Teammitglieder auf der Welt befinden. Das bietet die Chance, wieder enger zusammenzuarbeiten, sich auch informell zu begegnen und an Teambuilding-Maßnahmen teilzunehmen. Fraglich ist nur, welche Qualität die Beziehungen haben, die in dieser virtuellen Welt entstehen. Denn es begegnen sich nicht mehr Menschen, sondern Avatare. Ebenso müssen Vergütungs- und Karrieremodelle üebrdacht werden. Es wird also spannend.

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