„Slow to hire, quick to fire“: Die kommende Runderneuerungsstrategie des HRM für unsichere Zeiten?! (Teil 1)
In den letzten Monaten haben zahlreiche Unternehmen in Deutschland Schlagzeilen gemacht, indem sie entweder Mitarbeiter entlassen oder Einstellungsstopps verhängt haben. (siehe auch unsere Blogs „Von smart bis hart (Teil 1 & 2)“, „Back to the 90s (Teil1)” und „Willkommen in der neuen Wirklichkeit“) Doch dies ist nur eine Facette der gegenwärtigen Entwicklungen. Die aktuellen Rahmenbedingungen haben die Strategie „Slow to hire, quick to fire“ wieder ins Blickfeld des Personalmanagements gerückt. Diese Herangehensweise, die für eine vorsichtige Einstellungspolitik und eine konsequente Trennung von Mitarbeitern steht, wirft wichtige Fragen über die langfristige Personalplanung und die Auswirkungen auf die Unternehmenskultur auf. Warum Unternehmen gerade jetzt auf diesen personalstrategischen Ansatz zurückgreifen, betrachten wir in diesem Blogbeitrag.
Nach Jahren, in denen Unternehmen fast verzweifelt Bewerber auch mit Kompetenzprofilen unter ihren selbst gesetzten Anforderungen eingestellt und Mitarbeiterbindung zu einer der wichtigsten Aufgaben im Personalmanagement wurde, sind nun wieder differenzierte Personalstrategien zu beobachten. „Eine sorgfältige und langsame Einstellungspolitik kann Unternehmen durchaus helfen, Risiken von Fehlbesetzungen zu minimieren. Außerdem trägt diese Strategie dazu bei, dass die eingestellten Mitarbeiter wirklich zur Unternehmenskultur und den langfristigen Zielen passen“, sagt Prof. Dr. Michael Knörzer vom APRIORI HR:LAB. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten kann eine vorsichtige und durchdachte Einstellungspraxis verhindern, dass Unternehmen übereilte Rekrutierungsentscheidungen treffen, die später bereut werden könnten. Ein weiterer entscheidender Faktor, der die Personalstrategien von Unternehmen beeinflusst, ist die VUCA-Welt – eine Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägt ist. „In einer VUCA-Welt müssen Unternehmen vorsichtiger und agiler in ihrer Personalstrategie werden, weil sie nicht wissen, wie sich die Zukunft entwickelt. Insbesondere das rasante Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz stellt Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle vor neue Herausforderungen“, erklärt Prof. Dr. Knörzer. Unternehmen stehen vor der Frage, welche Berufe künftig überhaupt noch von Menschen erledigt werden und welche durch Technologien ersetzt werden könnten: „Diese Unsicherheit lässt sich mit kleineren Kernbelegschaften und flexibleren Randbelegschaften besser managen. Genau darauf bewegen wir uns jetzt zu. Das ist aber kein überraschender Trend; im Grunde hat er sich bereits vor Jahren angekündigt bis die Corona-Pandemie hier für eine Zäsur gesorgt hat“, ergänzt Prof. Knörzer.
Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass viele Unternehmen in Deutschland gezwungen sind, rasch zu handeln, wenn es darum geht, Personal zu reduzieren. Egal, ob in der „Old Economy“ oder „New Economy“, ob in der Automobilindustrie, in der Chemiebranche oder im Technologiesektor. „Wenn wie im Beispiel von BAYER (siehe auch unseren Blog „Back to the 90s (Teil2)”) die Informationen stimmen und über 50 Monatsgehälter als Abfindungsprämien in Aussicht gestellt werden, dann zeigt das, wie groß der Druck auf die Unternehmen ist, ihre Personalausstattungen anzupassen“. Diese Maßnahmen verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen deutsche Unternehmen stehen, und die Notwendigkeit, einen Balanceakt zwischen Kosteneffizienz über eine flexible Randbelegschaft und der Pflege einer stabilen und engagierten Kernbelegschaft zu meistern.
„Insofern sehen wir aktuell in„Slow to Hire, Quick to Fire“eine typische Anpassungsstrategie des Personalmanagements in Umbruchzeiten, zumindest bei einigen Unternehmen. Es geht darum, die existierenden Personalausstattungen nicht nur zu reduzieren, sondern auch langsam, aber kontinuierlich durch wenige, aber gezielte Einstellungen strukturell anzupassen, um auf die schwerer abzuschätzenden Rahmenbedingungen reagieren zu können“, erläutert Prof. Knörzer das Kalkül hinter dieser Strategie, die uns sicher noch die nächste Zeit begleiten wird und ergänzt: „Der demographische Wandel und das Ausscheiden der Generation X aus dem Arbeitsmarkt hilft Unternehmen naturgemäß, den Personalabbau hier vergleichsweise unaufgeregt zu gestalten. Gleichzeitig zwingen die Engpässe bei den jüngeren Generationen auf dem Arbeitsmarkt ohnehin zu einer ‚intelligenten‘ Einstellungspolitik“.
Wie diese genau aussehen kann, behandeln wir in einem unserer nächsten Blogbeiträge.